Um die Wogen zu glätten hat Ikea mich in den Zoo eingeladen.
Ein Strolch, wer dahinter eine Missetat vermutet. Trotzdem schieße ich ein Foto
von meinem Zimmer um Veränderungen
feststellen zu können, schmiere Zahnpasta unter den Türgriff um eventuelle
Übergriffe gleich im Keim zu torpedieren und schließe sorgsam ab.
Ikea hat natürlich nicht genug Geld dabei, so dass ich
meinen Eintritt voll und seinen zur Hälfte bezahlen darf. Aber das kann noch
nicht der erwartete Knall gewesen sein. Schon nach wenigen Minuten wird klar,
dass wir zusammen keinen Spaß haben werden. Er hat Angst vor kleinen und ich
vor großen Tieren. Da ich die kleinsten Tiere im Aquarium vermutet suche ich da
Unterschlupf. Verdrossen gaffe ich in ein großes Aquarium, in dem, auf
Kopfhöhe, ein Fisch schwimmt und mich anglotzt. Während ich mir die Frage
stelle, ob Fische blinzeln können fällt mir auf, dass der Glotzfisch gar nicht
mal so klein ist. Ziemlich groß sogar. Ich stell mir die Frage, ob ich Angst
haben müsse oder ob Fische da aus der Reihe tanzen. Ich wage es nicht mich
abzuwenden aus Angst dann Angst vor dem Ungetüm zu bekommen. Plötzlich blinzelt
der Fisch und dreht gelangweilt ab. Meine unorthodoxe Panikreaktion fällt
ziemlich peinlich aus. Ich reiße beide Arme in die Luft und renne im
Kniehebelauf schreiend vor dem gedankenlesenden Rießenhai davon.
Traumatisiert halte ich erst, als beide Lungenflügel kollabiert
sind und ich das Gefühl habe, dass mir der Fisch nicht länger hinterher rennt.
Jetzt erst fällt mir ein kleiner Fehler in meinem Denkprozess auf. Naja Workout
für heute – check! Da meine Beine genau so wenig Lust haben zu stehen wie meine
Lungen Luft in meinen Körper zu pumpen lasse ich zumindest den Beinen ihren
Willen und setze mich. Schmerz lass nach – ist das schön! Marc Zuckerberg sei
Dank! Ja, jede Generation braucht ihre Gottheiten und Aldous Huxley hatte zumindest in einem Punkt
unrecht… Fort ist heute kein Thema mehr. Früher wurde gebetet und heute wird halt zwei
Mal am Tag ein Statusupdate gepostet. Fundamentalisten posten sogar bis zu fünf
Mal am Tag.
Da mein müdes Hinterteil an Ort und Stelle erst einmal
sicher zu sein scheint sehe ich mich um und stelle fest, dass ich vor einem
Käfig voll mit kleinen Affen sitze. Ich sehe dem bunten Treiben eine Weile zu
und studiere ihre Verhaltensweißen. Sie bewerfen sich gegenseitig mit Kacke,
Lausen sich und haben in der Öffentlichkeit Sex. Dazu hätte ich auch Lust. Also
nicht auf den ekligen Teil aber jemanden mit Kacke zu bewerfen wäre schon mal
befreiend. Sein wir doch mal ehrlich wir haben doch alle einen Menschen der es
einfach nur verdient hätte. Jeder!
Eine Mutter stolziert mit ihrem Töchterchen an der Hand an
mir vorbei. Das Muttertier ist blond, hat das Gesicht zur Unkenntlichkeit geschminkt und
hat Farbe und Beschaffenheit ihrer Haut, mit Hilfe von viel Zeit im Solarium,
ihrer Lederhandtasche angepasst. Die hochhackigen Schuhe ließen vermuten, dass
sie heute nicht mehr vorhatte vor, ziemlich großen Fischen, zu flüchten. Das
Mädchen sieht aus, wie die Gören solcher Mütter halt aussehen. „Darf ich den mal streicheln?“ drängelt sie und zerrt die Lederhandtasche in
meine Richtung. „Fass das nicht an! Es ist vielleicht krank!“ keift
Miss-ich-geh-lieber-ins-Solarium-als-meine-Tochter-richtig-zu-erziehen. Noch immer außer Atme keuch ich: „Hallo … Mensch … Gefühle“ der Rest der Worte verschwindet irgendwo
zwischen Kleinhirn und meinen Lippen. „Oh Zuckerberg, es kann ja reden.“
Lederhandtasche schnappt sich ihre Tochter und trippelt in kleinen aber flinken
Schritten davon, so schnell wie es Minirock und High Heels halt zulassen. Kurz
überlege ich ihr hinterher zu hoppeln um zu sehen, was passiert, schieße den
Gedanken aber auf Grund des „hoppelns“ direkt wieder ab. Liegt mir halt einfach
nicht, dieses hoppeln. Dennoch bin ich mir einer Sache sicher. Die hätte meinen
Haufen verdient! Würde auch super zum Teint passen.
Beleidigt schaue ich
an mir herunter. Der Anblick erklärt viel: ein viel zu kleiner, brauner
Trainingsanzug, dazu weiße Schuhe, das heißt, sie waren mal weiß jetzt sind sie
eher trainingsanzugfarben. Gekrönt wird das Unglück von schulterlangen Haaren
und einem studentengerechten Gefächtsbart. Mähne und Bart beruhen auf einer
Wette mit Ikea. Wer hätte auch erwartet, dass jemand zwei Tage in der Tiefkühltruhe
überlebt. Aber wärmer ist es da am nördlichsten Zipfel von Norwegen auch nicht.
Da ich mir meiner Beziehung zur Waschmaschine immer noch unsicher bin und sie
sich – für Waschmaschinen typisch – stoisch weigert den Friedensvertrag zu unterzeichnen,
ist meine Auswahl an Kleidung … beschränkt. Und angesichts dessen, dass ich
hier triefend im Dreck sitze war ihre Reaktion doch ganz angemessen.
Um nicht noch mehr soziale Sanktionen fürchten zu müssen
setze ich mich auf die nächste Bank und überlege ob ich nicht vielleicht doch
zu den klettern sollte um bei ihnen zu leben. Würde ja keinem auffallen. Doch
da kommt auch schon meine persönliche Stimmungskanone in Form von Ikea. Die
Arme in die Höhe gerissen und in der Hand eine Tüte haltend joggt er im Kniehebelauf
an mir vorbei. Die Augen weit aufgerissen, der Mund zu einem stummen Schrei
geformt und totenblass wirft er mir einen hilfesuchenden Blick zu. Ich winke
fröhlich. Verfolgt wird er von einem Rudel wild gaggernder Hühnchen, den Ikea
wohl das Futter geklaut hatte. Ich bin kein Ornithologe aber wenn in diesem
Gaggern keine Todesdrohung lag will ich zwei Tage in der Tiefkühltruhe leben.
Nächste Episode: "Meine Angst vor großen Tieren - Teil 2"
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