Dienstag, 16. Juli 2013

Mein Küchenkrieg

Es ist Montag. Ich hasse ihn. Wir alle hassen ihn. Er ist quasi der Hitler unter den Wochentagen. Ein Verwandter des Montags ist die letzte Arbeitsstunde des Freitags, die allein schon ein gefühlter Arbeitstag ist und so zäh vor sich hinfließt wie Honig. Ich habe lange überlegt, wie ich gegen ihn vorgehen könnte und habe beschlossen es genauso zu machen wie mit all meinen Problemen. Ignoranz. Angefangen werde ich damit den M. nur noch Postsonntag zu nennen und alle Postsonntage aus meinem Kalender zu streichen. Am Abend sollte es eine feierliche Verbrennung der Kalenderblätter geben – in der Tonne mit der wir die Küche heizen.

Ikea und ich haben einen Küchenplan – dieser dient aber nicht der Ordnung sondern lediglich der Demütigung des anderen. Der Eine musste die ganze Woche, ein Mal am Tag eine  warme Mahlzeit auf den Tisch bringen, dafür musste der Andere abwaschen. Diese Woche lag die heilige Macht des goldenen Kochlöffels bei mir und ich gedachte sie weiße einzusetzen!
Eine Einkaufsliste musste her:

1. Käse – extra fetthaltig, damit er richtig klebt ca. 12 Scheiben
2. Irgendein Maggi-Bolognese-Suppen-Gedöns 
3. 14 Tüten Buchstabensuppe 
4. 2 Mäuse mit Käfig und was solche Tiere halt brauchen
5. Ein Buch, wo drin steht , was solche Tiere halt brauchen



23 Euro und 43 Cent später kann mein Küchen – Guerillakrieg beginnen. Ich such den größten Topf, fülle 7 Liter Wasser rein und stell ihn auf unseren „Herd“. Dieser ist älter als Ikea und wird glaube ich noch mit Dampf betrieben – zumindest qualmt immer irgendwas, bloß selten ist es das Essen. In einem kleineren Topf bereite ich die Bolognese zu. Als nach zweieinhalb Stunden das Wasser im großen Topf genau so dampft wie der Rest vom Herd werf ich die 14 Tüten Buchstaben Suppe und rühre um. Ein Liter pro Tag, sieben Tage die Woche, ich bin stolz auf mich.

Ich hole alle Teller aus dem Schrank und bestreiche sie säuberlich mit der Tomatensoße, platziere auf jedem Teller eine Scheibe Käse und stapel die Teller anschließend säuberlich übereinander.
Jetzt kommt der ganze Spaß noch für 5 Minuten in die Mikrowelle und wenn der ganze Spaß in 2 Stunden noch schön verkrustet ist habe ich  den perversesten Abwasch aller Zeiten kreiert. Meine wohl verdiente Rache für den Speiseplan der letzten Woche. Es gab sieben Tage Fisch. Ich bin allergisch gegen Fisch. Seine Mona Lisa war eine Forelle mit Lauch, von dem ich erbärmliche Blähungen bekomme, Pilzen, die einfach nur widerlich sind und Kartoffeln, die noch ok gewesen wäre, wenn er nicht auf 200 Gramm Kartoffel 100 Gramm Salz und 100 Gramm Kümmel dran geschmissen hätte.

 Ich hab also die letzte Woche von Knäckebrot und dem Basilikum vom Fensterbrett  gelebt. Daraufhin gab es einen riesen Streit, weil ich angeblich sein Knäckebrot gegessen hätte. Er meinte, weil er aus Norwegen kommt, hätte er zuerst ein Recht darauf. Seine Argumente hatten ungefähr die Standfestigkeit eines 90. Jährigen, den man das Viagra geklaut hat. Ich versuchte ihm zu verdeutlichen: „Alter, erstens kommt Knäckebrot aus Schweden und du, Ikea, hasst die Schweden. Zweitens wurden die in Deutschland produziert und drittens: soll ich mal damit anfangen, dass ich zuerst ein Recht auf die deutschen Produkte habe? Ich will mal sehen, wie du Tripple X ohne die Tante guckst, die daneben ihre Gymnastikübungen macht, damit du was verstehst.“ Verstanden hatte ich seine Antwort zwar aber wie ich das mit meinem Knie machen sollte war mir ein Rätsel. Ist ja anatomisch unmöglich, wenn man nicht grade … mhh gibt’s Tiere die das können?

Feierlich drapiere ich die Buchstabensuppe auf dem Esstisch und das Tellermassaker in der Spüle.Der Schlüssel klappert im Schloss, ich sprinte aus der Küche in Richtung meines Zimmers, bleibe, in der Eile mit der Schulter am Türrahmen hängen, mache im Sprint einen Roundhouse Kick, mit dem ich die Tür hinter mir ins Schloss werfe und eile mit schmerzverzerrtem Gesicht zum Schreibtischstuhl. Die Schulter ist sicher ausgekugelt - Fuck tut das weh. Ich möchte weinen doch Ikea kommt schon ins Zimmer, ich setze die Miene eines Hundes auf, der in die Wohnung geschissen hat – zwar schuldbewusst aber doch so reuevoll, dass man mir nicht böse sein kann.  In den Händen hält er mein Käse-Bolognese-Teller- Konglomerat. Er umfasst den obersten Teller mit beiden Händen und schüttelt wie ein Besengter. Der Käsekit hält. (Ich werde später mein Haus damit bauen, in Notzeiten kann ich es dann essen.)

Ikea macht ein Ist-das-dein-Ernst-Gesicht und ich zucke mit den Schultern und Kämpfe gegen die Ohnmacht. Resignierend schließt er die Tür hinter sich - weniger cool als ich dafür aber unverletzt. Als die Tür zum zweiten Mal in kürzester Zeit ins Schloss knallt ergebe ich mich meinem Schmerz und rutsche winselnd vom Stuhl auf den Teppich. Alles in Allem einer der
besseren Postsonntage.


Nächste Episode: "Mein Freund Jonathan"

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